Ignatianisches Examen zum Jahresende
Extra-lang: diesmal 30 Minuten für die Seele
Ignatianisches Examen zum Jahresende
Extra-lang: diesmal 30 Minuten für die Seele
Beim Ignatianischen Examen handelt sich um eine spezifische Reflexionsübung, die Ignatius selbst als das wichtigste „Gebet“ des Tages betrachtete. Selbst wenn für alles andere keine Zeit blieb – dieses „Gebet“ sollte von den Mitgliedern der Gesellschaft Jesu durchgeführt werden. Es geht darum, am besten nach getaner Arbeit, im Tun innezuhalten und zurückzuschauen auf das, was erledigt wurde, und was dies in einem selbst ausgelöst hat. Wichtig sind dabei verschiedene Punkte, von denen einige heutzutage auch in der an vielen Stellen auftretenden **Achtsamkeitspraxis **eine Rolle spielen:
- Sein in der **Gegenwart **und sich der eigenen Präsenz in der Gegenwart Gottes bewusst werden
- **Visualisieren **des „Tagwerks“ ohne Bewertungscharakter (hier ein dezidierter Unterschied zum schulischen Examen!)
- Wahrnehmung des Positiven und Gelungenen sowie das Gefühl von Dankbarkeit
- Wahrnehmung von Fehlern, ohne Schuldzuweisung, aber sehr wohl Betrachtung des eigenen Beitrages und, damit verbunden, eines inneren Veränderungsimpulses
- **Perspektivwechsel **nach außen --> wertschätzende Kommunikation mit einem Dritten; in ignatianischer Tradition mit der Person Jesu als einem guten Freund
Theologisch gesehen geht es Ignatius darum, dass der „Betende“ ritualisiert einübt in der Rückschau auf den Tag das Wirken Gottes zu erkennen. Der ignatianische Leitsatz „Gott in allen Dingen finden“ findet hier seine Entsprechung in einer ritualisierten Struktur, die diese Haltung täglich einübt. Selbstverständlich gibt es in der langen Tradition dieses ignatianischen Tagesrückblicks unterschiedliche Traditionslinien, je nach Schwerpunkt, Zielsetzung und Ausrichtung der „Betenden“.
In der Zeit zwischen den Jahren ist die Gelegenheit für viele günstig, zurückzuschauen: Nach den Feiertagen kehrt etwas Ruhe ein, die Aufgaben des neuen Jahres haben noch nicht begonnen – und so ist es möglich, sich die Zeit zu nehmen, bei einem Spaziergang im Winterwald, einer morgendlichen Tasse Tee im noch ruhigen Wohnzimmer oder am Abend bei Kerzenschein und einem Glas Wein auf das vergangene Jahr zurückzublicken.